Dampf und Schwaden von Loks
und bäuerlicher Schwerstarbeit...
Bericht von Herrn Hans-Joachim Lütkehaus
Im Hausruckinger Viertel erlebten Rott-Inntaler SEN-Ausflügler lebendige Geschichte – Bergbau- und Bahn-Museum Ampflwang und an der Vöckla den Stehrerhof mit Handwerks-Vorführungen
Einen Hauch ihrer eigenen, durchaus schwierigen Jugendtage nach den Weltkriegswirren und dazu einen Hauch Massinger Heimatgeschichte vermittelte die aktuelle SEN-Ausflugstour ins österreichische Hausruckinger Viertel den heimischen Mitfahrern – denn: Als Parallele zum Pionierwerk des einstigen Massinger Bürgermeisters Hummel für den Aufbau des Bauernhof-Museums studierten sie in Neukirchen an der Vöckla das Gegenstück, nämlich den rund ein halbes Jahrtausend alten, als lebendige Handwerks- und Zunft-Ausstellung fungierenden Stehrerhof. Außerdem besuchte die SEN-Gruppe unter Reiseleitung von Lothar Müller auf dem Gelände des einstigen Braunkohle-Tageabbaus Ampflwang das Bergbau- und Eisenbahn-Museum mit seinem 2006 restaurierten Ring-Lokschuppen und Drehscheibenanlage.
Zwischen rund 100 Waggons, Diesel-, Eloks und Dampfrössern, wovon knapp ein Dutzend Oldtimer seit Jahr und Tag historischen Zügen vorgespannt und auf die Reise geschickt wird, entdeckten die SEN-Besucher immer wieder überraschende Schätze: Ein legendäres „Krokodil“ ebenso wie einst kaiserliche Postwagen, in denen während der Nachtfahrten die Wiener Post sortiert wurde, mit feinem Polster ausgestattete Erste-Klasse-Abteile der einstigen Linzer Pferdebahn samt Schmalspurlok, aber auch Österreichs einst mächtigste Dampflok oder ein aus Bulgarien zurückgebrachter Kessel-Oldtimer. All' diese Schätze oder Raritäten aus 175 Jahren KuK-Bahngeschichte stehen nicht nur zum Bestaunen auf den Ampflwanger Museumsgleisen, sondern werden peu à peu vom kleinen Expertenteam, von den Bastlern, Bahn-Narrischen und Ehrenamtlichen der Österreichischen Gesellschaft für Eisenbahn-Geschichte, dem Träger etlicher Austria-Museen, auf Vordermann gebracht und der Nachwelt restauriert und teils fahrbereit erhalten.
Besonderer Anziehungspunkt auf dem Riesengelände Ampflwang, das vom Original bis zum Landschaftsmodell, von Kinderloren auf dem Spielplatz bis zur Modellbahn, vom Bergbau bis zur Eisen-Stahl-Produktion eine breite Palette bietet, war auch für die Rott-Inntaler SEN-Gruppe die Ringlokschuppen-Drehscheiben-Anlage. Die zwei Dutzend Gleis-anschlüsse und Boxen umfassende Anlage präsentierte sich mit imposanten Ausmaßen, vor allem aber mit zahlreichen Dampfloks von der Schmalspur bis zur internationalen Luxuszug-Reiselok zwischen Rotterdam, Basel, London und Istanbul. Da hielt es gerade die SEN-Männer nicht mehr in der Gruppe und bei den Schilderungen von Markus Griesser, sondern sie stiegen in die Oldtimer-Abteile oder kraxelten auf den Spuren der einst bewunderten Lokführer hoch zu den Heizkesseln oder auf die Fahrstände rauf, als wollten sie Dampf und Gas geben für die Abfahrt zum Wiener Westbahnhof.
Lokomobile von
1898 von Marshall
aus Gainsborough beim
Getreide-Dreschen
Dampf und Schwaden empfingen die Ausflügler auch auf dem Stehrerhof von Neukirchen an der Vöckla, der seit Jahrzehnten von einer Freiwilligen-Schar am Leben erhalten wird. Getreu dem Werk von Abraham Sterrer aus Ungenach, der anno 1661 eine Rosina Paur geheiratet hatte, womit das heutige Freilichtmuseum vor viereinhalb Jahrhunderten seinen überlieferten Namen Stehrerhof bekam, bringen die dörflichen Handwerker, Pensionisten und Hausfrauen alles wieder ans Laufen: Die Flechter schaffen Körbe aus Spanholz und selbst aus Draht, im Siedekessel kreieren fleißige Hände gesunde, heilsame Seifesorten für drei Euro das Stück, nach dem Scheren und Spinnen werden nach Omas Art warme Socken gestrickt oder Filz für Janker und Hausschuhe gewalkt. Auf dem Webstuhl wird Leinen zu Bettwäsche und Tüchern. Der Schmied bläst für Besucher seine Esse an, bevor er vom Nagel bis zum Beschlag mit mächtigem Hammerschlag und künstlerischem Gespür seine eisernen Produkte schafft. Bader oder Sattler, der Seilmacher oder Weber – rund 70 verschiedene Handwerke, teils ausgestorbene oder längst vergessene Berufe präsentiert der Stehrerhof, der regelmäßig begreifbare Vorführungen bietet.
Genauso lebendig und überliefert aus teils grauer Vorzeit mit seiner bäuerlichen Schwerstarbeit zwischen Fell und Stall schnaufte eine Lokomobile zum Getreide-Dreschen los, seit einem Jahrzehnt erst in Gang gebracht und dann gepflegt wie ein Star von Robert Aschenberger, damit nach alter Art die Körnerfrucht geerntet und zu Mehl verarbeitet werden kann. „Von England, Baujahr 1898“, schilderte Aschenberger stolz sein fauchendes Ungestüm mit Lederband-Transmission zur Dreschmaschine im nahen Stallgebäude, und das britische Firmenschild unterm Dampfkessel verriet den Hersteller, nämlich Marshall and Sons, Gainsborough.
Dorfmusikanten spielten zur Gaudi der Stehrerhof-Besucher auf, nebenan lief die Destille unterm Stallgewölbe, wo so manch feines Kräutertröpfchen und Likörchen zu verkosten waren. Emsige Frauenhände kümmerten sich um Krapfenteig, damit die Museumsbesucher mit Ausgezogenen oder Kuchen aus Omas Rezeptbüchlein gestärkt wurden. Brot mit selbst geräuchertem Speck gab es, auch Käse aus Kartoffeln, Rahm und Kräutern, während nebenan auf dem traditionsreichen Hof zwei Haflinger brav ihre Runden drehten oder neben dem angrenzenden Kräuter- und Gemüsegarten allerlei Technik-Schmankerl gerade die einstigen Bauern anlockten: Die ersten handgetriebenen Stiftendrescher oder Breitdrescher, alles gesammelte Exponate aus dem Österreichischen Dreschmaschinen-Museum.